11 Veränderungsmanagement konkret

Zwei Dinge sind mit Veränderungen immer einhergehend: Risiken die bei der Veränderung eingegangen werden müssen und Widerstand, der durch das Verändern hervorgerufen wird. Diese beiden Themen werden in diesem Kapitel behandelt.

Jede Veränderung ist ein Projekt

Da Veränderungen im Kontext von Organisationen durchgeführt werden, sind diese meist mit einer gewissen Komplexität behaftet. Des Weiteren sind verschiedenste Personen an Veränderungen beteiligt - es ergibt also Sinn, Veränderungen als Projekte zu betrachten.

Häufig wird der Fehler gemacht das Hauptaugenmerk auf den Inhalt der Veränderung zu legen. Also zu betrachten, welche Änderungen notwendig sind, welche Techniken hierbei evtl. eingesetzt werden müssen und wie Mitarbeiter geschult werden müssen. Ein vernachlässigter Aspekt sind hierbei die Mitarbeiter selbst. Es ist überlegenswert einen Plan aufzustellen, wann welche Mitarbeiter über die anstehenden Veränderungen informiert werden sollen und in welchem Rahmen diese Informationsverteilung stattfinden soll. Bei größeren Veränderungen hat es sich bewährt einen Veränderungsmanager einzusetzen, der für den notwendigen Informationsfluss sorgt.

Widerstand

Bei jeder Veränderung trifft man auf Widerstand. Oft wird Widerstand von Führungskräften fehlinterpretiert als ein tatsächliches "dagegenstellen" der entsprechenden Mitarbeiter. Häufiger ist jedoch anzutreffen, dass diese Mitarbeiter nur nicht wissen, wie sie sich bei den Veränderungen einbringen können. In der Akzeptanzmatrix werden vier Reaktionstypen gezeigt:

Abbildung 1: Reaktionstypen (S. 187)

Befürworter sind Personen die für jegliche Veränderungen offen sind. Diese Personengruppe hat erkannt, dass Veränderungen notwendig sind und können bei der Durchführung der Veränderungen als Multiplikatoren dienen. (Vgl. S 187)

Skeptiker sind Personen, die (persönliche) Nachteile durch die Veränderungen befürchtet. Diesen müssen fehlende Informationen gereicht werden. Sind bestimmte Informationen nicht vorhanden, können diese gemeinsam mit den Skeptikern erarbeitet werden. Hierbei wird auch eine gemeinsame Vertrauensbasis geschaffen. Einwände der Skeptiker sollten genauer betrachtet werden. In ihnen liegt ein großes Potential die Veränderungen sinnvoll zu verbessern bzw. anzupassen. Durch die Berücksichtigung der Einwände, können aus Skeptikern sogar Befürworter werden. (Vgl. S. 188)

Bremser sind Personen die nicht ausreichend Informationen über die geplanten Veränderungen haben und ebenfalls Angst vor persönlichen Risiken haben. Diese Personengruppe muss mit weiteren Informationen versorgt werden - zu klären ist hier die Frage, welche Informationen genau fehlen. Durch das Beschaffen der Informationen oder das gemeinsame Erarbeiten dieser, können weitere Verfeinerungen an den Veränderungen vorgenommen werden und evtl. sogar aus Bremsern Befürworter gemacht werden. (Vgl. S. 187)

Gegner sind Personen die ausdauernd gegen die Veränderungen sind. Auch bei weiterem Investieren von Energie zur Überzeugung ist keine Einsicht vorhanden. Dennoch sind Einwände der Gegner eine wichtige Informationsquelle. einige der Einwände können durchaus berechtigt sein und verdienen eine genauere Betrachtung. Es muss abgewogen werden, ob ein Einwand ignoriert werden kann oder weiter betrachtet werden muss. Die Wahrscheinlichkeit, aus dieser Personengruppe Befürworter zu machen ist jedoch gering. Es sollten keine großartigen Energien in die Überzeugungsarbeit gesteckt werden. (Vgl. S. 188)

Stabilität und Veränderungen

Veränderungen sollten keineswegs so häufig wie möglich durchgeführt werden. Damit Mitarbeiter produktiv arbeiten können, muss ein stabiler Zustand erreicht werden. Eines der wichtigsten Ziele von Veränderung ist es, einen besseren stabilen Zustand so schnell wie möglich zu erreichen. Ist dieser erreicht, wird die Funktionsoptimierung der Prozesse angestrebt. Veränderungen sind wieder notwendig, wenn sich die Rahmenbedingungen (also die Umwelt) des Systems verändert haben - wenn sich also beispielsweise der Kundenkreis bzw. das Kundenalter ändert.

Ein System kann verschiedene Systemverhalten aufweisen:

Abbildung 2: Systemverhalten (S. 190)

Stabiles Systemverhalten: jegliche Änderungen (extern, intern) führen zum gleichen stabilen Systemzustand.

Beispiel: Der Projektleiter ist im Urlaub. Während seiner Abwesenheit passt sich das System den neuen Gegebenheiten an. Nach seinem Urlaub haben alle Prozesse die gleiche Gültigkeit. (Vgl. S. 189)

Metastabiles Systemverhalten: das System bleibt bei Änderungen entweder im gleichen stabilen Zustand, oder wechselt in einen anderen, neuen stabilen Zustand.

Beispiel: Der Projektleiter wird ausgetauscht. Der neue Projektleiter hat die Möglichkeit entweder alle bestehenden Prozesse beizubehalten, oder neue einzuführen bzw. bestehende zu ändern. (Vgl. S. 190)

Instabiles Systemverhalten: bei Änderungen oder Störeinflüssen wird das gesamte System zerstört.

Beispiel: In wirtschaftlich schwierigen Zeiten sind die Mitarbeiter stark verunsichert. Ein Mitarbeiter kündigt, woraufhin weitere wichtige Mitarbeiter gehen. (Vgl. S. 190)

Grenzstabiles Systemverhalten: jede Störung führt zwingend zu einer Anpassung des Systems, welche in einem stabilen Zustand endet.

Beispiel: Anpassung von Anforderungen innerhalb eines laufenden Projektes. (Vgl. S. 190)

Störungen und Änderungen der Rahmenbedingungen können also unterschiedliche Auswirkungen auf das System haben. die Wirkung verschiedener Störungen kann jedoch nicht vorausgesagt werden.

Erfolgsschlüssel Veränderungsfährigkeit

Es gibt vier Arten von Veränderungsmanagement, aufgetrennt auf Wirkungszeitpunkt und Fokus (Vgl. S. 191):

Strategisches Veränderungsmanagement: Langfristige strukturelle Vorbereitung auf die Veränderungen

Projektveränderungsmanagement: Projektmanagement von Veränderungsprozessen

Kulturelles Veränderungsmanagement: Veränderungskompetenzen der Mitarbeiter werden erhöht. Die Mitarbeiter stellen sich auf die Veränderungen ein.

Führungsveränderungsmanagement: Mitarbeiter und Führungskräfte werden bei dem Veränderungsprozess geführt und begleitet.

Die letzten beiden Arten von Veränderungsmanagement haben die Vorbereitung der Personen eines Unternehmens im Fokus, wohingegen die ersten beiden die Prozesse genauer betrachten.

Die Ausrichtung der Personen auf Veränderungen sind ein wichtigerer und häufig weniger betrachteter Aspekt bei der Einführung von Veränderungen.

"Viele Organisationen sind aber auf ein kulturelles und Führungsveränderungsmanagement gar nicht ausgerichtet (...)." (S. 191)

Dies stellt Veränderungen vor eine Hürde, kann aber auch die Chance sein, eine neue Veränderungskultur im Unternehmen einzuführen.

Störungen und Identität von Mitarbeitern

Veränderungen können bei zu großem Einwirken in die Abläufe als Störend empfunden werden. Jede Person / Gruppe hat eine individuelle Störungsschwelle. Ein Ziel von Veränderungen ist stets unterhalb dieser Störungsschwelle zu agieren. (Vgl. S. 192,193)

Die Störungsschwelle kann schlagartig durch zu große Veränderungen überschritten werden, oder durch viele kleine Veränderungen, die in Summe über die Störungsschwelle gelangen. Letztere sind wesentlich schwerer nachzuvollziehen, da die einzelnen Veränderungen als solche nicht als Störend empfunden werden.

Als störend werden Veränderungen empfunden, die den Mitarbeiter betreffen - ihn also subjektiv nach der Veränderung schlechter dastehen lassen, bezogen auf Gehalt, Arbeitsinhalte, Arbeitszeiten etc. (Vgl. S. 194)

"Nach Frederick S. Perls (1893 – 1970) wird unsere Identität von fünf Säulen getragen (...):" (S. 195)

  • Leiblichkeit (Gesundheit)
  • Soziales Netz und soziale Umwelt (Freunde, Familie)
  • Arbeit, Leistung, Freizeit (Beruf, Hobbys)
  • Materielle Sicherheit (Besitz, Vermögen)
  • Werte (Denkweise)

(Vgl. S. 195)

Die Identität wird von allen diesen Säulen gemeinsam getragen. Wird eine Säule geschwächt, so gerät das gesamte Konstrukt der Identität ins wanken. Je stärker die Auswirkungen von Veränderungen auf eine oder mehrere dieser Säulen ist, desto stärker wird auch der Widerstand der einzelnen Person gegen diese Veränderungen sein.

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