3 Lernen

Als Softwareentwickler arbeitet man in der Regel mit einer großen Anzahl an Technologien zusammen. Technologien, die heute aktuell sind, sind es morgen eventuell nicht mehr. Um auf dem neusten Stand zu bleiben, muss man sich daher ständig in neue Technologien einlesen.

Einer der wichtigsten Soft Skills ist daher, sich selbst etwas beizubringen. Doch wie lernen wir etwas am effektivsten? Es ist ein Mythos, dass wir alle auf verschiedenen Arten lernen. Wir lernen alle am besten, indem wir etwas ausprobieren oder es jemandem erklären und wir tendieren dazu einfacher zu lernen, wenn es uns interessiert. Man kann noch so viele Bücher übers Fahrradfahren lesen und noch so viele Videos schauen, wenn man es das erste Mal ausprobiert, wird es nicht sofort funktionieren. Trotzdem greifen viele Softwareentwickler zu einem Buch, um sich in eine neue Programmiersprache einzulesen. Anstatt dessen sollte man jedoch möglichst früh versuchen, etwas praktisch zu tun. Wir sind von Natur aus kreativ und neugierig. Nutzen wir diese Aspekte aus, können wir sowohl unsere Motivation, als auch unsere Lerngeschwindigkeit erhöhen.

Um eine neue Technologie zu erlernen, sind im Kern drei Punkte wichtig:

  • Was benötigt man um anzufangen?
  • Was kann ich grob damit tun?
  • Was sind die Grundlagen? Dass heißt welche 20% muss ich lernen, um 80% meiner täglichen Aufgaben zu erledigen?

Die 10 Schritte

Dieses Kapitel soll anhand von zehn Schritten zeigen, wie wir diese Fragen beantworten können und es schaffen, möglichst schnell und effektiv etwas neues zu erlernen.

Schritt 1: Sich einen Überblick verschaffen.

Im ersten Schritt geht es darum, zu verstehen worum es grob geht. Dafür reicht in der Regel eine einfache Internetrecherche aus. Auch das Lesen von Einleitungen entsprechender Bücher kann hilfreich sein. Ziel ist es, die Größe des Themas zu bestimmen. Welche Unterthemen gehören beispielsweise zu dem Thema? In diesen Schritt sollte nicht zu viel Zeit investiert werden.

Schritt 2: Festlegen, was ich lernen will.

Man kann nicht alles lernen, daher sollte man den Fokus auf ein bestimmtes Thema richten.
Möchte man beispielsweise etwas über digitale Fotografie lernen, so wäre ein Fokus alles über das Schießen von Porträt-Fotos zu lernen. Wichtig ist, dass man den Fokus auf ein einziges Thema richtet, denn wir können nicht mehrere Sachen auf einmal lernen.

Schritt 3: Das Lernziel festlegen.

Bezogen auf das Beispiel mit der digitalen Fotografie kann das bedeuten, alle Funktionen der eigenen Kamera beschrieben und nutzen zu können und erklären wann und warum man welche Funktion benutzt. Diese Lernziele sollten möglichst eindeutig sein. Denn so können wir später feststellen, ob wir dem Ziel näher kommen. Ein weiterer Vorteil ist, dass wir ein konkretes Ziel vor Augen haben, welches wir erreichen wollen.

Schritt 4: Quellen suchen.

Es ist wichtig, nicht nur mit einer Quelle zu lernen. Es gibt viele verschiedene Arten von Quellen wie Bücher, Videos, Blogs, andere Experten, Programmcode, Beispielprojekte oder Dokumentationen. In diesem Schritt sollten erstmal, ähnlich wie bei einem Brainstorming, alle Quellen, die in Frage kommen, zusammengetragen werden. Die Qualität der Quelle ist an dieser Stelle weniger relevant.

Schritt 5: Einen Lernplan erstellen.

Bei den meisten Themen bietet es sich an, bestimmte Unterthemen in einer bestimmten Reihenfolge zu lernen. Zum Erstellen dieses Planes kann man sich oft an den Inhaltsverzeichnissen der Bücher (aus Schritt 4) orientieren. Oder man schaut mit welcher Struktur andere das Thema erklären.

Schritt 6: Die Quellen filtern.

Viele Quellen werden sich thematisch überschneiden und meistens reicht auch die Zeit nicht aus, alle Quellen durchzuarbeiten. Deshalb ist es wichtig, die Quellen entsprechend zu filtern. Die ausgewählten Quellen sollten natürlich die im Lernplan ausgewählten Bereiche abdecken. In diesem Schritt sollte auch auf die Qualität der Quellen geachtet werden. Bei der Auswahl von Büchern kann es z.B. hilfreich sein, Amazon Bewertungen durchzulesen.

Die folgenden Schritte 7-10 sollten für jedes Modul aus dem Lernplan durchlaufen werden. Die Schritte folgen dem Prinzip „LDLT: learn, do, learn, teach“.

Schritt 7: Genug lernen, um anzufangen.

Wichtig ist, möglichst früh praktische Erfahrungen zu sammeln, denn wir lernen am besten, indem wir etwas tun. In diesem Schritt geht es darum, nur die grundlegenden Sachen zu lernen. Das kann beispielsweise das Durchlaufen eines „Hello-World-Beispiels“ sein oder das Einrichten der Entwicklungsumgebung. Eventuell reicht es auch schon, eine Kapitelzusammenfassung eines Buches zu lesen.

Schritt 8: Freies experimentieren.

Nutze deine Neugier und Kreativität, probiere etwas aus, bis du an einen Punkt kommst, an dem du nicht mehr weiterkommst. In diesem Schritt werden sich viele Fragen ergeben. Es kann hilfreich sein, diese aufzuschreiben.

Schritt 9: Genug lernen, um etwas sinnvolles zu tun.

Die Fragen, die sich im achten Schritt ergeben haben, sollen in diesem Schritt beantwortet werden. An dieser Stelle sollen die Quellen aus Schritt 4 intensiv genutzt werden. Der Focus sollte aber immer darauf liegen, die Fragen zu beantworten. Dass bedeutet eventuell nur einzelne Kapitel eines Buches anlesen, in denen man die Antwort auf eine Frage vermutet. Wichtig ist auch, zu prüfen ob man dem, in Schritt 3 definierten Ziel, näher kommt.

Schritt 10: Selbst erklären.

"Tell me and I forget. Teach me and I remember. Involve me and I learn." - Benjamin Franklin

Sobald wir versuchen das Gelernte jemand anderem zu erklären, werden wir merken, welche Themen von denen wir dachten, wir hätten sie verstanden, wir doch noch nicht verstanden haben. Es ist die beste Möglichkeit, das Gelernte zu überprüfen und Lücken zu füllen. Wichtig ist, das Wissen in eigene Worte zu fassen und das Ganze selbst zu Strukturieren. Möglich ist das beispielsweise, indem man ein YouTube Video erstellt, sich mit einem Freund oder Mitarbeiter unterhält, eine Präsentation erstellt oder Fragen in einem Forum beantwortet. Sobald wir selbst versuchen, etwas mit unseren eigenen Worten zu erklären, ordnen wir die unterschiedlichen Informationen in unserem Gehirn, so dass sie für uns Sinn ergeben. Erst dann können wir effektiv auf das Gelernte zurückgreifen.

Diese Schritte stellen sicherlich keine „magische Formel“ dar. Wenn man merkt, dass es so formal nicht funktioniert, sollte man die Schritte anpassen oder weglassen. Die Schritte an sich sind auch nicht wichtig, wichtig ist es, das Konzept dahinter zu verstehen. Nur dann kann man ein eigenes System entwickeln, um sich selbst effizient etwas beizubringen.

Mentor

Ein Mentor oder auch Trainer kann hilfreich sein, um neue Themen zu erlernen. Doch wie erkennt man einen geeigneten Mentor? Gute Mentoren sind meistens diejenigen, die die meisten Fehler durchlaufen haben. Allerdings muss der Mentor selbst das Thema nicht unbedingt beherrschen. Tiger Woods wird von jemandem trainiert, der selbst nicht so gut spielt wie er, aber ihm fallen Aspekte auf, die Tiger Woods nicht auffallen. Man sollte sich jemanden suchen, der bereits anderen geholfen hat, das zu erreichen, was man auch selbst erreichen möchte. Einen guten Mentor erkennt man auch oft daran, wie viele Personen er beeinflusst. Letztendlich muss man natürlich auch persönlich mit der Person zurechtkommen. Doch wo findet man so eine Person? Es gibt Portale, dort kann man für verschiedene Themen Mentoren bzw. Trainer mieten, doch man sollte sich eher im eigenen Umfeld umschauen. Eventuell kann ein Freund, ein Familienmitglied, ein Freund eines Freundes, ein Arbeitskollege oder eventuell auf der eigene Chef als Mentor fungieren. Doch selbst wenn man einen Mentor findet, heißt das noch lange nicht, dass er einem auch hilft. Erfolgreiche Personen sind oft beschäftigt und haben daher wenig Zeit. Eine Möglichkeit ist daher, immer etwas im Austausch anzubieten. Das kann beispielsweise schon ein Mittagessen sein, welches man für den Arbeitskollegen übernimmt. Außerdem ist es wichtig, nicht beim ersten „Nein“ aufzugeben. Man darf an dieser Stelle nicht zu nett sein und sollte wiederholt nachhaken.

Andersrum betrachtet kann und sollte man auch selbst die Rolle eines Mentors einnehmen. Im Prinzip kann das jeder tun. Jeder weiß bereits etwas, was andere versuchen zu lernen. Als Mentor muss man, wie bereits erwähnt, nicht perfekt sein. Oft hilft es dem Lernenden schon, einen anderen Blickwinkel einzunehmen oder eine zweite Meinung zu geben. Vorteil der Mentor-Rolle ist, dass man dabei i.d.R. am meisten lernt. Dazu kommt, dass die Leute, denen man hilft sich oft an einen erinnern und einem später dafür an anderer Stelle helfen. Ein großes Problem ist jedoch, dass man irgendwann nicht mehr allen helfen kann, da auch Zeit für die eigenen Aufgaben bleiben muss. Dann ist es wichtig denen zu Helfen, die wirklich Lust haben etwas zu lernen und die entsprechende Motivation mitbringen.

Lehren

Lehren ist der beste Weg, etwas zu lernen und wahrscheinlich der einzige Weg, etwas im Detail zu verstehen. Doch wir fühlen uns meist sehr unwohl, wenn wir daran denken zu lehren. Oft liegt das nicht daran, dass wir nicht lehren bzw. erklären können, sondern daran, dass wir nicht selbstbewusst genug sind. Wir möchten i.d.R. nur die Themen lehren, in denen wir selbst Experten sind. Doch um ein Experte in einem Thema zu werden, müssen wir zuerst lehren - ein Teufelskreis. Der Trick ist, viele von uns lehren, ohne es selbst zu bemerken. Lehren bedeutet nicht nur vor Gruppe von Leuten zu stehen und Themen zu erklären. Es geht vor allem darum, das Wissen zu Teilen. Wir haben alle schon einem Arbeitskollegen oder einem Kommilitonen etwas erklärt. Auch das ist Lehren. Weiter kann es hilfreich sein, einen eigenen Blog zu starten, Präsentationen im Unternehmen durchzuführen oder Videos bzw. Screencasts zu erstellen. Um Lehrer zu sein, braucht man keine Zertifikate und keinen Abschluss und man muss auch kein Experte sein. Wir alle sind bereits Lehrer.

Wissenslücken

Wir alle haben Wissenslücken und Schwächen, doch meistens fallen uns diese Lücken garnicht auf. Eine Möglichkeit Wissenslücken zu identifizieren, ist zu überlegen, wo man am meisten Zeit investiert. Meistens gibt es tägliche, wiederkehrende Aufgaben, die durch Wissenslücken verlangsamt werden. Ein Beispiel sind die Shortcuts der IDE. Wenn diese Shortcuts, die häufig benötigt werden, nicht bekannt sind, benötigt man für einfache Aufgaben wesentlich mehr Zeit. Eine weitere Möglichkeit um Wissenslücken aufzudecken, besteht darin, aktiv auf Verständnisprobleme zu achten und diese aufzulisten. Zusätzlich sollte man notieren, wie oft welches Verständnisproblem auftritt. Nicht jede Wissenslücke, die auftritt, muss unbedingt geschlossen werden. Aber anhand der Liste lassen sich Lücken finden, die besonders oft auftreten.

In einem zweiten Schritt geht es darum, die Wissenslücken zu schließen. Der schwerste Teil, nämlich das Identifizieren der Wissenslücken, ist bereits getan. Wichtig ist herauszufinden, was man konkret lernen muss. Es ist wenig hilfreich zu wissen, dass man beispielsweise schlecht in Physik ist. Doch wenn man weiß, dass man nich versteht, wie z.B. Federn funktionieren, lässt sich diese Lücke einfach schließen. Außerdem sollte man während eines Gespräches zeitnah nachfragen, wenn man etwas nicht versteht.

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