5 Grundtechniken für Workshops

5.1 Priorisierungstechniken in Workshop einsetzen

Zunächst einmal ist eine aussagekräftige Priorisierung für den inhaltlichen Umfang eines Workshops notwendig. Das heißt man muss Rahmenbedingungen vorgeben, welche Themen zu behandeln sind, und klären, wie man alle Teilnehmer in die Priorisierung mit einbindet. Somit beschäftigt sich das Kapitel mit der Priorisierung in einer Gruppenarbeit.

5.1.1 Ziele der Priorisierung über eine Leitfrage festlegen

Eine Priorisierung bezieht sich immer auf einen Rahmen und ein Ziel. Es muss geklärt werden, was für die Priorisierung als sinnvoll erscheint. Ein Rahmen kann abstrakt oder allgemein durch eine Aufgabe oder ein wirtschaftliches Ziel vorgegeben sein. Mit einer Leitfrage, die sich aus den konkreten Zeil des Workshops ergibt, kann der Rahmen präzisiert werden. Man kann dies auch als Paraphrasierung umformulieren. Also eine offene Frage, die eine Denkrichtung vorgibt, aber die Lösungssuche nicht einschränkt. Es ist aber auch ein Bewertungskriterium, das zielführende Ideen von ablenkenden unterscheidet. Eine Leitfrage bezieht sich dabei auf den Zeitraum und die Wirkung, die innerhalb des Zeitraums messbar erfolgen soll. Im Folgenden kommen die Priorisierungstechniken.

5.1.2 Muddiest Point

Jeder Workshopteilnehmer kann den schlammigsten Aspekt (muddiest Point) oder das größte Problem auf eine Karte schreiben. Durch das Einsammeln der Karten entsteht eine Übersicht über die schwierigsten Aspekte der Aufgabenstellung. Diese besitzt eine hohe Aussagekraft und man kann in kurzer Zeit wirkungsvolle Ergebnisse erzielen. Der Nachteil liegt dabei an der mangelnden Breite der Ergebnisse und einer subjektiven Priorisierung. Es werden häufig Aspekte erwähnt, die als schwierig erscheinen, aber den Gesamtprozess kaum belasten. Für Softwareentwickler ist es dennoch sinnvoll, da es Informationen auf mögliche Barrieren enthält, die die Einführung von neuen Abläufen oder neuer Software zu einem späteren Zeitpunkt verhindern oder die Akzeptanz verringern.

5.1.3 Punkte kleben

Bei einer längeren Liste an Themen hilft das Punktekleben. Jeder Teilnehmer kriegt eine bestimmte Anzahl an Klebepunkte und darf diese frei an der Liste auf einem Flipchart zuordnen. Mit der Summe der Klebepunkte wird die Priorität gebildet. Mit Hilfe folgender Formel kann man grob die Anzahl der Klebepunkte bestimmen: Bei mehreren Aspekten sollte man das Ergebnis lieber abrunden. Beim Provozieren eines stark polarisierten Ergebnisses kann es in Extremfällen sinnvoll sein nur einen Klebepunkt pro Person zu verteilen. Dabei ist es erlaubt die Klebepunkte beliebig zu verteilen. Man darf auch mehrere Klebepunkte einem Aspekt zuordnen. Nur das Teilen eines Klebepunktes bleibt dabei verboten. Taktisch entscheiden sich manche Teilnehmer erst am Ende ihre Punkte zu kleben. Um diesen Trend zu verhindern, kann die Anzahl der Punkte reduziert werden oder mit Hilfe eines Extrablattes die Wahl aller geheim gehalten werden, so dass ein Moderator am Ende die Extrazettel einsammelt und die Punkte auf den Flipchart klebt. Wenn Themen ausgeschlossen werden, werden sie als solche gekennzeichnet. Diese Vorabplanung hilft, wenn für jene Themen zusätzliche Personen anwesend sein sollen.

5.1.4 Prioritätsliste

Vielen fällt es schwer sich für die Wichtigkeit eines Themas zu entscheiden und halten lieber alles für gleich wichtig bzw. unwichtig. Um dies zu vermeiden, gibt es eine Technik mit der eine einzelne Person oder Gruppe ohne Bedenken priorisieren kann. Man schreibt dazu jedes Thema auf eine Karte und bringt die Karten auf einen Stapel in einen beliebigen Ausgangszustand. Als nächstes werden zwei Karten gezogen. Erscheint die obere Karte wichtiger als die andere wird sie in der ursprünglichen Reihenfolge wieder einsortiert, andernfalls werden die Karten getauscht. Dies geschieht solange bis sich länger keine Veränderung mehr im Stapel ergeben hat. Dieser Stapel stellt dann das Ergebnis und damit die relative Priorisierung in der Liste da. Bei starker vorheriger Vorprägung kann mit Hilfe eines Kollegen der Stapel sortiert werden, so dass man selbst die Karten nicht sehen kann und von ihm nur bei der Auswahl der Themen gefragt wird. Ebenfalls kann dies in Gruppenarbeit geschehen, so dass man reihum den Stapel sortiert und diskutiert bis ein gemeinsamer Konsens gefunden wurde. Sollte kein gemeinsamer Konsens gefunden werden, kann man mit Hilfe eines Prioritätskoordinatensystem arbeiten.

5.1.5 Prioritätskoordinatensystem

Bei zwei unterschiedlichen Ansichten in einer Priorität kann ein Prioritätskoordinatensytem als grafisches Verfahren helfen. Dabei erstellen zwei Parteien ihre Prioritätsliste. Anschließend wird eine der beiden Prioritätslisten auf ein vorbereitetes Koordinatensystem auf die y-Achse übertragen. Danach werden mit Hilfe der x-Achse mit der zweiten Prioritätsliste die Karten verschoben. Die gemeinsame Priorität ergibt sich dabei aus dem resultierenden Vector. Wenn Zahlen auf den Achsen hinterlegt sind, kann man nach den Satz des Pythagoras den Vektorwert mit folgender Formel berechnen:

5.2 Effiziente Dikussionen

5.2.1 Um den Fokus bitten

In vielen Diskussionen geht der auf Ergebnis orientierte Fokus verloren, indem zwischen einzelnen Themen hin- und hergesprungen wird. Die klassische Lösung wäre es einen Moderator einzusetzen, um Struktur und Klarheit zu erlangen, ist aber nicht immer auf die Schnelle realisierbar. Problematisch gestalten sich häufig die große Anzahl an offenen Problemen, die abgehandelt werden müssen. Auch kurz zu betrachtende Aspekte werden länger als nötig offen gehalten. Um sich auf ein Ergebnis fokussieren zu können, könnte es hilfreich sein, Redebeiträge mit einer konkreten Bitte abzuschließen. Diese Bitte sollte von den Teilnehmern sofort nachgegangen werden können. Dies ist besonders dann wichtig, wenn es sich um Fragestellungen handelt, in denen es um einen Informationsgewinn geht. Es ist zwar etwas ungewöhnlich, aber dennoch eine gute Steuerungstechnik für Diskussionen, wenn Fokussierung notwendig ist.

5.2.2 Seriell oder Multitasking

Aufgaben im Multitasking zu bearbeiten hängt von der Schwierigkeit der Aufgabe ab. Einfache Routineaufgaben können besser parallel abgearbeitet werden, als schwierige Aufgaben. Ebenso kommt es darauf an, wie verschieden die Aufgaben sind. Aufgaben, die in unterschiedlichen Hirnregionen ablaufen, sind leichter parallel abzuarbeiten, als Aufgaben, die dieselbe Hirnregion beanspruchen. Ebenso können unterbewusste Prozesse das Multitasking behindert. Dies bedeutet, dass in einem Workshop Smartphones ausgestellt sein sollten, da die Nebentätigkeit an diesen die bewusste Informationsaufnahme ausbremsen. Ebenso ist es untersucht, dass Multitasking nur dann Zeit spart, wenn es sich um Routineaufgaben handelt. Deshalb sollte man bei einem Workshop Aufgaben in Form von Multitasking vermeiden. Den Themenstapel so klein wie möglich halten und ein serielles statt ein paralleles Arbeiten ermöglichen, um die größtmöglichste Effizienz aus dem Workshop zu gewinnen.

5.3 Kreative Ideen in der Gruppe finden

5.3.1 Klassisches Brainstorming - Licht und Schatten

Brainstorming ist eine weit verbreitete Technik, um neue Ideen und Ansätze unabhängig von ihrer Bewertung zu finden. Allerdings wird Brainstorming in einer Gruppe schnell ineffizient. Eine größere Gruppe produziert deutlich weniger Ideen, als wenn Gruppenmitglieder einzeln Ideen entwickeln. Dies liegt zum einen daran, dass immer nur eine Person reden kann, aber auch, dass viele Ideen nicht einmal als Anregung für andere Gedanken taugen. Zudem erzeugt das freie Denken eine Menge Ausschuss. Zu hinterfragen wäre: Wie kann man das besser machen?

5.3.2 Mit System querdenken und Leitfragen nutzen

Ohne Richtungsvorgabe für Denkanstöße ist die Aufgabenstellung eines Ideen-Workshops zu diffus, um brauchbare Resultate zu liefern. Drei McKinsey-Berater sind auf eine Liste mit 21 schlauen Fragen für Produktentwickler gestoßen, die auch als Leitfragen für ein Workshop in Softwarehäusern dienen können:

  • Was ist für den Käufer oder Nutzer unseres Produkts oder unserer Dienstleistung der größte Nachteil, den er bewusst oder unbewusst in Kauf nimmt?
  • Welche Anwender nutzen unser Produkt auf besonders ungewöhnliche Weise?
  • Welche Kunden investieren mindestens 50% des Produktpreises, um es an ihre Bedürfnisse anzupassen?
  • Wer kauft unser Produkt in überraschend großen Mengen?
  • Wer kämpft mit denselben Problemen wie wir, aber aus einem anderen Grund? Wie gehen diese Unternehmen diese Probleme an?
  • Welche Informationen über Kunden und Produktverwertung fallen als Nebenprodukt unseres Geschäfts an, die wir nutzen können, um ein anderes Geschäft radikal zu verbessern?
  • Was ist das größte Ärgernis für unsere Kunden und Anwender beim Kauf oder Einsatz unserer Produkte bzw. Dienstleistungen?
  • Welche spontanen Verbesserungen haben Kunden an unserem Produkt vorgenommen?
  • Für welche unserer Kunden eignet sich unser Produkt oder unsere Dienstleistung am wenigsten?
  • Welche Kunden bedient unsere Branche bewusst nicht und warum?
  • Welche Kundengruppe wäre richtig groß, wenn wir ein Hindernis aus dem Weg räumen könnten, an das wir bisher noch nicht gedacht haben?
  • Was würden wir anders machen, wenn wir vollständige Informationen über unsere Käufer, Anwender, Vertriebskanäle usw. hätten?
  • Welche Technologien, die in unseren Produkten eingesetzt werden, haben sich seit der letzten Produktüberarbeitung am stärksten weiterentwickelt und verändert?
  • Welche Technologien, auf denen unsere Produktionsprozesse beruhen, haben sich seit der letzten Produktionsprozessüberarbeitung am stärksten weiterentwickelt oder verändert?

Letztendlich sollt man die Anzahl der Teilnehmer in einem Ideenworkshop möglichst gering halten, um Kommunikationsengpässe zu vermeiden. Man sollt die Leitfragen vorbereiten, damit man die Qualität der Ideen erhöht. Auch ist es sinnvoll Teilnehmer einzuladen, die Antworten auf diese Leitfragen geben können, um ein Querdenken innerhalb des Workshops zu ermöglichen.

5.4 Gruppenfeedback geben

In mehrtätigen Workshops sind tägliche Feedbacks innerhalb einer Gruppe wichtig, zm laufende Prozesse zu verbessern und ein optimales Ergebnis zu erreichen. Oft ist aber nicht ausreichend Zeit dafür vorhanden oder die Gruppe dafür ist zu groß. Im Folgenden werden vier Techniken für Gruppenfeedbacks vorgestellt. Allerdings unter Einhaltung einer Grundregel: Wer nichts sagen möchte, der wird auch nicht gezwungen oder überredet, sondern gibt einfach das Wort an den Nächsten weiter.

5.4.1 Feedbackrunde

In einer Feedbackrunde sitzen alle im Kreis und geben in einer festen Reihenfolge oder frei durchgehend nacheinander ein individuelles Feedback. Dies kann ohne Vorgaben oder nach folgenden vier Regeln geschehen:

  1. Was hat mich unterstützt?
  2. Welche Stärken habe ich in der Gruppe wahrgenommen?
  3. Was hat mich irritiert?
  4. Was wünsche ich mir beim nächsten Mal anders?

Es ist hilfreich die Regeln für alle sichtbar auf einem Flipchart zu platzieren, damit die Feedbackgeber sich auf die Inhalte konzentrieren können ohne die Feedbackstruktur im Kopf behalten zu müssen. Der Vorteil der Feedbackrunde ist die Ausführlichkeit und Dynamik, die entsteht, wenn Feedbackgegner auf ihren Vorredner reagieren können, ohne dabei eine Diskussion zu beginnen. Es hat aber auch wiederum den Nachteil, dass es für die letzten Feedbackgeber oft frustrierend ist, nichts neues sagen zu können. Dies kann man entgegensteuern, indem man bei den Feedbacks bei der Reihenfolge täglich variiert.

5.4.2 Blitzlicht oder Streichholz-Effekt

Bei knapper Zeit kann man ein Kurzfeedback bzw. Blitzlicht durchführen. Dabei werden die Anzahl der Sätze, die eine Person sagen kann, oder die Redezeit begrenzt. Dadurch entsteht eine Fokussierung der Teilnehmer auf das ihrer Meinung nach Relevante. Allerdings ist auch das Risiko vorhanden, dass ein wichtiger Hinweis nicht erwähnt wird, da die Zeit zu knapp ist oder die Teilnehmer eine andere Priorisierung in ihren möglichen Feedbacks vornahmen. Um die Funktionalität des Blitzlichts sicherzustellen ist eine Überwachungsrolle notwendig. Dies kann zum Beispiel der letzte Feedbackgeber oder der Nächste sein. Eine andere Möglichkeit ist der Streichholzeffekt. Bei dieser reicht man eine Packung Streichhölzer rum und jeder entzündet ein Streichholz und darf Feedback geben, solange das Streichholz brennt. Allerdings besteht die Gefahr, dass wegen dem Überraschungsmoment Inhalte verloren gehen und ist dies auch organisatorisch nicht überall möglich. Es eignet sich gut als Zwischenfeedback, um den Kopf frei zu bekommen und Abstand zu gewinnen vor einer Pause oder anderen Unterbrechungen.

5.4.3 Visuelles Feedback

Beim visuellen Feedback gibt man Klebepunkte auf ein oder mehrere Skalen ab. So kann die Anonymität durch die Feedbackgeber gewährleistet und bei mehrtätigen Workshops Tendenzen und Verbesserungen erkannt und dokumentiwert werden.

5.4.4 Feedback über eine Aufstellung

Die emotionaliste Form ist eine Aufstellung der Teilnehmer im Raum. Dabei wird mit Hilfe von Klebeband oder ähnlichem ein Koordinatensystem oder eine Skala am Boden angedeutet. Jeder Teilnehmer muss dann sich so im Raum positionieren, dass es seinem Feedback entspricht. So wird das Feedback der Gruppe in einer Art Bild ermittelt und eignet sich für workshoperfahrenere Leute.

5.5 Wieder wach werden

Workshops sind anstrengend und ermüdend. Um entstehende Müdigkeit engegenzusteuern helfen regelmäßige Pausen mit etwas Bewegung, ein eher leichtes Mahl am Mittag und Aufmunterungsspiele, die Geist und Körper aktivieren.

5.5.1 Kissenrennen

Dafür werden zwei Kissen (bei über 12 Personen 3 oder mehr Kissen) benötigt. Die Teilnehmer bilden dabei einen möglichst engen Stuhlkreis und zwei gegenüberliegende Plätze bekommen jeweils ein Kissen. Anschließend müssen die Kissen möglichst schnell an die Sitznachbarn links oder rechts weitergegeben werden. Jemand, der dann zwei Kissen gleichzeitig erhält, scheidet aus. Das Spiel endet, wenn nur noch zwei Teilnehmer übrig sind.

5.5.2 Finger fangen

Hierbei stellen sich die Teilnehmer in einem Kreis auf. Die linke Hand wird dabei mit der flachen Hand nach oben auf Höhe des Ellbogens gehalten und die rechte Hand drückt leicht mit dem Zeigefinger auf die flache Hand des Nachbarn. Bei einem Signal versucht man dann seine rechte Hand wegzuziehen und gleichzeitig mit der linken den Finger des Nachbarn zu fangen. Nach ein oder zwei Wiederholungen passiert es dann in umgekehrter Richtung. Das Spiel erfordert eine ungewöhnliche Konzentration und damit wird der Kopf wieder wach und angeregt.

5.5.3 Papier fangen

Hier muss jeder in einem freien Raum ein Blatt DIN-A4 Papier in der Hand balancieren. Bei einem Signal muss jeder Teilnehmer versuchen das Blatt Papier von anderen von der Hand zu fegen und dabei sein eigenes Blatt weiter in der Hand zu balancieren. Das Spiel endet, wenn nur noch eine Person ihr Blatt in der Hand balanciert. Auch hier wird Konzentration erfordert und hat den selben Effekt wie 5.5.2.

5.6 Ergebnisse sichern und Workshop abschließen

5.6.1 Blick zurück und nach vorne

Im Abschluss kann nochmal ein umfangreicher Feedback durch mehrere Feedbacktechniken oder viel Zeit für ein Feedback geschehen. Dies ist wichtig, um für kommende Workshops zu lernen, was mit der Gruppe oder welche Thematik gut funktioniert hat und was verbessert werden kann. Weiterhin sollt es einen Ausblick geben, der im Workshop initierte Impulse gibt, die auch dauerhaft genutzt werden sollen können. Das wird in der Regel mit Aufgaben grob vorstrukturiert, die die Teilnehmer in absehbarer Zeit erledigen sollen. Wenn Bedenken dabei geäußert werden können sie ebenfalls als Risiken notiert und protokolliert werden.

5.6.2 Aus Problemen Risiken machen

Am Ende kann es passieren, dass es zuviele ungelöste Probleme gibt und diese eine lähmende Stimmung bei den Teilnehmern erzeugen. Um den entgegenzusteuern, kann man versuchen das ganze aus einem anderen Blickwinkel zu betrachten und die Probleme aus einer negativen-destruktiven Sicht in positiv-konstruktive Risiken umdefinieren. Statt zu sagen "wir haben keine Zeit dafür" sollt man sagen "Was brauchen wir, damit wir der Aufgabe nachkommen können?".

5.6.3 Fotoprotokoll als visuelles Anker

Das Fotoprotokoll dient den Teilnehmern als visueller Anker und wird in der Nachbereitung des Workshops erstellt und verteilt. Die im Workshop aufbereiten Aufgaben werden in ein Planungstool eingepflegt oder als Outlook-Aufgaben oder Erinnerungs E-mails verschickt. So kann man die Planung dokumentieren und es entsteht eine direkte Bindung und Verantwortung zu den Aufgaben.

5.7 Große Gruppen

Ein idealer Workshop besteht aus ca. 5 bis 7 Teilnehmern und ist auf jeden Fall kleiner als 12 Personen. Leider kommt es aber oft zu Workshops mit mehr als 20 Teilnehmern. Um dabei immer noch möglichst effizient und ergebnisorientiert zu arbeiten, werden hier folgende Ideen vorgestellt.

5.7.1 Organisatorische Rahmenbedingungen

Bei einer großen Workshopgruppe, sollten mehrere Räumlichkeiten vorhanden sein. Im Idealfall bestehen sie aus einem großen Raum und mehreren kleinen Räumen, sowie ein Pausenraum. Die Anzahl der Arbeitsräume richtet sich nach der Teilnehmerzahl, so dass sich die Teilnehmer in Gruppen mit maximal 7 Teilnehmern aufteilen können. Die Räume sollten nicht zu weit auseinanderliegen und man sollt ausreichend Arbeitsmaterial in jedem Raum vorrätig haben. Auch eignet es sich den Teilnehmern Freiraum zu geben, so dass sie in einen Garten oder ein anderes Stück Natur entkommen können, um Stress abzubauen. Auch leichtes Essen am Mittag oder ein reichhaltiges Menü am Abend, sowie gemeinsame Freizeitaktivitäten können hilfreich sein.

5.7.1 Effiziente Gruppenarbeit

Häufig ist das Problem, dass bei Teilgruppen verschiedene bzw. voneinander unabhängige Themen bearbeitet oder dieselben Themen bearbeitet werden und dabei eine geringe Akzeptanz bei der Zusammenführung der Ergebnisse bei den anderen vorhanden ist. Dies kann man wie folgt lösen:

  • Gruppenzusammenstellung: Hier sollt man darauf achten, dass sich Vertreter jeder Interessengruppe in jeder Arbeitsgruppe befinden. Damit besteht eine hohe Chance Ergebnisse zu erarbeiten, die breit akzeptiert werden und nicht zu speziell sind.
  • Themenverteilung: Man sollt das Arbeiten mit aufeinander aufbauenden Ergebnissen vermeiden. Auch ist es hilfreich Aufgaben zu vergeben auf die die Teilnehmer einer Gruppe nicht spezialisiert sind. Die Qualität der Ergebnisse ist dabei oft überraschend und können zum Teil wiederverwendet werden.
  • Zwischenabgleiche: Wenn zwei Aspekte eines Themas parallel behandelt werden müssen, sind Abgleiche zwischen den betroffenden Teilgruppen notwednig. Diese Abgleiche können dabei in 1 bis 5 Minuten in Intervallen von 15 bis 45 Minuten erfolgen.

    Autor-Kritiker-Treffen: Ergebnisse zusammenführen

    Selten ist es, dass man nur eine Sammlung von Ideen erarbeiten möchte, wenn zwei oder mehr Gruppen mit derselben Aufgabe betraut sind. Meist hat man das Ziel die Ergebnisse weiter auszubauen und einsatzfähig zu machen. Dazu hilft eine Adaption eines Autor-Kritiker-Treffens. Diese Adaption läuft in vier Stufen ab:
  • Die Teilarbeitsgruppen (hier Autoren) stellen die zusammengehörigen Ergebnisse ohne inhaltliche Dikussionen nacheinander vor. Dabei sind nur Verständnisfragen erlaubt.
  • Zuhörer (hier Kritiker) hören still zu und notieren sich die alle aus ihrer Sicht positiven und kritischen Aspekte der Präsentation.
  • Wenn ein Thema abgeschlossen ist, also eine unabhängige Gruppe ihr Teilergebnis oder alle konkurrierende Teilgruppen ihre Ergebnisse vorgestellt haben, legen die Kritiker die gefundenen Aspekte dar. Dabei erst die positiven, danach die negativen. Die Autoren hören dabei nur still zu (außer bei Verständnisfragen) und rechtfertigen sich nicht.
  • Die Autoren ziehen sich zurück und werten das Feedback aus. Der ganze Prozess benötigt einen Moderator, da hierbei Emotionen schnell hochgehen können. Ebenfalls wichtig ist es, die Kritikpunkte und die Auswertung zu dokumentieren, damit sie im Fotoprotokoll erscheinen. Bei wichtigen Entscheidungen ist diese Technik bewährt. Damit kann man Architektur und Designentscheidungen optimieren und in der Gruppe verankern, da sich jeder daran beteiligen kann. Bei komplexen Themen kann es sinnvoll sein, ein Autor-Kritiker-Treffen auch mal zwischendurch vor dem Endergebnis auf Basis von Zwischenergebnissen bzw. Teilergebnissen durchzuführen.

    5.8 Selbstorganisation in Workshops - OpenSpace

    5.8.1 Ideenvielfalt und motivierte Teilnehmer

    Um effizient in einer größeren Gruppe zu arbeiten können, bietet es sich alternativ auch an einen Workshop stärker selbstorganisiert durchzuführen. Dabei bietet sich OpenSpace als Konzept bei 12 Teilnehmern oder mehr an. Dies ist eine Konferenzmethode, bei der es darum geht Ansätze für Veränderungsprozesse zu finden. Dabei können Teilnehmer ihre eigenen Themen einbringen und die jeweilige Arbeitsgruppe dazu gestalten. Dies führt zu besonders schnellen und kreativen Ergebnisse und optimiert die Identifikation der Teilnehmer mit den Ergebnissen.

    5.8.2 Fünf Regeln und zwei Rollen

    Bei OpenSpace laufen meist drei oder mehr Workshops parallel ab. Dabei gibt es definierte Synchronisationspunkte und ein knappes Regelwerk. Um die Einhaltung dieser zu bewachen benötigt es folgende vier Leitlinien und einem Gesetz:
  • Wer kommt, ist die richtige Person! Zu einer Veranstaltung kommen nur Teilnehmer, die auch Interesse an dem konkreten Thema verspüren.
  • Offenheit für das, was geschieht! Man sollt neuen Ideen und unerwarteten Erkenntnissen bzw. Ergebnissen mit Offenheit begegnen.
  • Es beginnt, wenn die Zeit reif ist! Ergebnisse oder Ideen kommen nicht auf Kommando. Daher wird der zeitliche Rahmen von der Gruppe selbst festgelegt.
  • Vorbei ist vorbei! Wenn ein Thema voll erschöpft ist, ist es vorbei, auch wenn dafür mehr Zeit vorgesehen wurde.
  • Das Gesetz der zwei Füße. Wenn eine Person nichts mehr zu einer Veranstaltung lernen oder beitragen kann, verlässt sie diese und sucht sich eine andere Gruppe. Das Gesetz führt zu folgenden zwei wertvollen Ausprägungen: Hummel: Dies ist eine Person, die an vielen Arbeitsgruppen teilnimmt. Sie wechselt die Arbeitsräume häufig und bleibt nur solange, wie sie auch etwas lernen und etwas beitragen kann. Schmetterling: Dies ist eine unentschossende Person, die nicht viel zu etwas beiträgt und sich nicht sofort einer Gruppe anschließt. Oft verweilen sie länger an einem Ort, als andere, sind damit eine perfekte Ideenanlaufstelle und strahlen damit eine gewisse Ruhe und Stabilität in einer eher dynamischen Veranstaltung aus. Als Rahmen gibt es bei OpenSpace nur Leitfragen und keine feste Liste an Themen. Die Prioritäten werden von den Teilnehmern festgelegt. Daher ist es wichtig auch die Mitarbeiter des Kunden und Beraterkollegen dabei zu haben, die für die spätere Umsetzung und Realisierung verantwortlich sind, da nur sie die konkreten Impulse und das notwendige Engagement von Kundenseite mitbringen. Organistatorisch gibt es eine Matrix aus Arbeitsräumen und Zeitscheiben von ca. zwei Stunden Dauer von allen Teilnehmern, die Themen eingebracht haben. dafür sind große Metaplanwände und reichlich Karten bzw. lose Papierblätter geeignet. Nach der Planungsphase gehen alle Teilnehmer in die Workshops, die sie interessieren. Dabei kann sich die Planungstafel immer wieder verändern, da Workshops verschoben, zusammengelegt oder gestrichen werden müssen. Wichtig hierbei ist zu beachten, dass die Änderung nur vom Ersteller selbst vorgenommen werden darf. Jede Arbeitsgruppe ist selbst dafür verantwortlich, ihre Ergebnisse in geeigneter Form zu dokumentieren. Eine dreitägige Open-Space-Verantstaltung beginnt mit einem initialen Sammeln und Planen der Themen. Danach treffen sich die einzelnen Arbeitsgruppen. An den jeweiligen Abenden und Morgenden der Tage, gibt es als gemeinsame Veranstaltung die Abendnachrichten und Morgennachrichten, wo ein Abgleich zwischen allen Teilnehmern vorgenommen wird. Danach werden die Ergebnisse zusammengeführt und eine weitere Umsetzung wird geplant. Der dritte Tag endet dann mit einer gemeinsamen Abschlussrunde. Weiterhin sind auch Anpassungen am OpenSpace möglich, damit man konkrete Ziele mit vielen Teilnehmern erarbeiten kann oder Vorraussetzungen an einen richtigen OpenSpace nicht gegeben sind.

    5.8.3 Modifizierter OpenSpace

    Um die Stärken des OpenSpace-Konzepts zu nutzen und gleichzeitig sicherzustellen, dass bestimmte Themen mit erforderlichen Ergebnissen bearbeitet werden, besteht eine Möglichkeit darin, weitere Regeln hinzuzufügen, um bestimmte Ziele zu erreichen ohne dabei die Freiheit des OpenSpace zu verlieren.

Vorbereitung Vorab werden Themen gesammelt. Dabei kann jeder Teilnehmer seine Themen in ein geeignetes Medium wie z.B. ein Wiki einstellen. Kurz vor Workshopbeginn werden dabei die Pflichtthemen extrahiert. Die Anzahl der Pflichtthemen sollten dabei 15-20 nicht überschreien, um genügend Freiraum für den Open-Space-Charakter zu überlassen. Weiterhin werden Raum-Zeit-Matrixen als Wände vorbereitet. Dabei können Zeitslots mit verschiedenen Längen angeboten werden. Wenn längere Zeiten benötigt werden, können mehrere Zeitslots belegt werden. Nach jedem oder jeden zweiten Slot sollt eine Ergebnispräsentation und eine Abstimmung der weiteren gewünschten Themen eingeplant werden. Die Präsentation darf dabei nicht mehr als fünf Minuten dauern.

Initiale Planung Zu Beginn eines Workshops werden die bereits bekannten Themen gelistet und weitere neuen Themen gesammelt. Jeder Verantwortliche eines Themas stellt es im Plenum kurz vor und schreibt spätestens dann die dazugehörige Karte und versiert sie dabei mit seinem Kürzel und der gewünschten Dauer seines Zeitslots. Abschließend werden maximal 20% der Themen zum Beispiel durch Führungskräfte in Abstimmung mit Beratern oder der Gruppe als besonders wichtig gekennzeichnet. Diese werden dann in der Planung als Erstes den Slots in der Matrix zugeordnet. Damit wird sichergestellt, dass diese Themen auf der Planungswand landen, wenn es mehr Themen als freie Slots gibt. Nun beginnt die Planung. Zusätzliche notwendige Ausstattungsmerkmale wie z.B. Beamder können ebenfalls auf der Karte und bei der Raumauswahl berücksichtigt werden. Sind mehr Themen vorhanden, als es Slots gibt, wird ein Themenpool auf einer Wand aufgebaut. Wichtig ist es, den ersten Tag konkret zu planen. An den Folgetagen kann sich abhängig von den Ergebnissen noch viel ändern.

Durchführung Nach der Planung kann mit der Durchführung begonnen werden. Dabei dürfen die Zeitslots nicht überschritten werden. Durch die Präsentation und Zwischenergebnisse erfolgt eine gute Ergebnisfokussierung und ermöglicht es anderen Teilnehmern noch zu späteren Sessions hinzuzustoßen. Ein Ergebnis muss noch während der Session erstellt werden. Dabei eignet sich das Verlaufs- und das Ereignisprotokoll. Bevor die nächste Session beginnt wird die Planungswand aktualisiert. Nach Absprache mit den Themenverantwortlichen können Sessions oder Räume getauscht werden. Auch kann es sich ergeben, dass ein Thema gestrichen wird, da es keinen Teilnehmer interessiert oder viele noch kurzfristig zu einem anderen Thema gehen. Dies ist jedem freigestellt. Auch darf sich ein Verantwortlicher noch kurfristig für ein anderes Thema entscheiden. Das heißt kurzfristige Anpassungen sind erlaubt. Auf diese Art und Weise laufen die Workshops zum großen Teil selbstorganisiert, ergebnisfokussiert und mit viel Engagement ab. Es besteht nicht die Gefahr der Langweile, da die Motivation der Teilnehmer durch die große Flexbilität in der Planung in der Regel sehr hoch ist und man dementsprechend auf die neuen Erkenntnisse und Bedürfnisse der Teilnehmer reagieren kann.

OpenSpace in der Beratung Mit OpenSpace wird in der Regel nicht sehr häufig gearbeitet. Bei Projektvorbereitungen oder zu Beginn von Projekten kann es allerdings sehr wertvoll werden, um in wenigen Tagen einen umfassenden Blick auf das Projekt zu gewinnen. Man kann dabei Risiken und Möglichkeiten analysieren und eine erste Projektplanung und Realisierungsidee entwerfen. Bei einen solchen ein- bis dreitägigen Workshop kann sich ein Projektteam gut kennenlernen und externe Berater integrieren. Häufig ist es auch so, dass noch weitere erfahrene Experten von Kunden oder Beraterseite hinzugenommen werden, die für das Projekt nicht zur Verfügung stehen. Diese können ihr Wissen mit dem Team teilen und in die Projektartefakte, wie eine Grobplanung, ein Product Blackout und eine Risikoliste, mit einfließen lassen.

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