1 Kurzanalyse

Werte bilden die Grundorientierung unseres Lebens. Sie bilden einen Leitstern in unserem Leben und prägen unsere zwischenmenschlichen Beziehungen. Zu diesen Werten gehören z.B.
Vertrauensbildung, Ehrlichkeit, Wertschätzung, Respekt, Kooperation, gegenseitige Hilfe und Teilen. Auch die Wirtschaft besitzt Werte, die jedoch bei genauerer Betrachtung konträr
zu den zuvor genannten Werten sind. In der freien Marktwirtschaft gelten Prinzipien wie Gewinnstreben und Konkurrenz. Diese Prinzipien fördern jedoch Egoismus, Gier, Geiz, Neid, Rücksichtlosigkeit.
Die freie Marktwirtschaft bildet also einen weiteren Leitstern in unserem Leben. Da wir an den Werten unser Handeln orientieren, haben diese Werte fatale Folgen auf unsere Gesellschaft.
Die Gesellschaft kommt in einen Konflikt, da die Leitsterne in gegensätzliche Richtungen zeigen. Soll sich die Gesellschaft solidarisch und kooperativ verhalten oder
die eigenen Vorteile vorzugsweise im Blick haben? Die Werte der Marktwirtschaft werden jedoch durch die Legislative in Form von Gesetzen und Regulieren oder durch Abkommen
zwischen den Nationalstaaten weiter unterstützt.
Das Gemeinwohl in der Wirtschaft sollte durch Konkurrenz und durch die persönliche Gewinnmaximierung entstehen. Der Nationalökonom Adam Smith begründete dies vor 250 Jahren wörtlich mit:
„Nicht vom Wohlwollen des Metzgers, Bäckers, Brauers erwarten wir unsere tägliche Mahlzeit, sondern davon, dass sie ihre eigenen Interessen wahrnehmen.“ (Deuticke 2014, S. 19) Jedoch waren Unternehmen
vor 250 Jahren überwiegend klein, besaßen weniger Macht und agierten primär lokal. Oft waren die Unternehmer Gründer oder Eigentümer und bildeten mit Arbeitnehmer eine Personalunion.
In der heutigen Zeit sind jedoch immer mehr anonyme, global agierende Unternehmen zu finden. Durch die globale Aktivität erfahren diese Unternehmen mehr Konkurrenz. Die Unternehmen stehen
dadurch stärker im Wettbewerb hinsichtlich der Preisgestaltung und der Qualität ihrer Produkte. Die Konkurrenz sorgt auf der einen Seite für stärkere Leistungsanreize, jedoch hat sie
Auswirkungen auf die zwischenmenschlichen Beziehungen. Das oberste Ziel ist den eigenen Vorteil anzustreben und gegeneinander zu agieren. Das Übervorteilen wird so zur Normalität. Obwohl
die Würde der höchste aller Werte und im Grundgesetzt verankert ist, sorgt die Konkurrenz dafür, dass wir Menschen nicht gleichwertig behandeln. Der Begriff Würde steht für den "gleichen,
bedingungslosen, unveräußerlichen Wert aller Menschen" (Deuticke 2014, S. 21). Daraus resultiert die Gleichheit aller Menschen. In der freien Marktwirtschaft ist jedoch üblich andere Menschen zu instrumentalisieren
und übervorteilen und somit die Würde des Einzelnen zu verletzen. Wenn der eigene Vorteil unser höchstes Ziel ist, werden wir zwangsläufig Mittel für unsere Zwecke benutzen und andere übervorteilen.

Die freie Marktwirtschaft schränkt die Freiheit der Teilnehmer ein, da z.B. bei einem Tauschgeschäft eine Partei stärker abhängig ist wie die andere Partei. Derartige Tauschgeschäfte sind z.B.
das Einkaufen von Nahrungsmitteln, das Anmieten einer Wohnung oder die Aufnahme eines Kredits. Dies hat zur Folge, dass z.B. ein Weltkonzern stärkeren Einfluss auf die Bedingungen eines
Liefervertrags hat als der Zulieferer. Das Ausnutzen dieser Macht sorgt erst dafür, dass die freie Marktwirtschaft effizient wird. Jedoch kann eine freie Marktwirtschaft, die durch
Gewinnmaximierung und Konkurrenz gekennzeichnet ist, nicht als frei bezeichnet werden. Die ständige Angst, dass jemand von dem Nächsten übervorteilt werden kann, zerstört systematisch das Vertrauen.
Jedoch ist Vertrauen notwendig, um die Gesellschaft zusammen zu halten.
Der Wirtschaftsnobelpreisträger Friedrich August von Hayek schreibt: „Wettbewerb stellt in den meisten Fällen die effizienteste Methode dar, die wir kennen“ (Deuticke 2014, S. 24). Jedoch gibt es keine Studie, die das beweist.
Allerdings gibt es viele Studien, die untersuchen, ob Wettbewerb stärker motiviert als jede andere Methode. Eine große Mehrheit von 87% ist zu dem Entschluss gekommen, dass nicht Wettbewerb, sondern
Kooperation die effizienteste Methode ist. Anders als bei Wettbewerb motiviert Kooperation über gelingende Beziehungen, Anerkennung, Wertschätzung und gemeinsame Zielerreichung. Wettbewerb motiviert über Angst,
da viele um ihren Job, ihr Einkommen oder Status fürchten. Ein weiterer Motivationsfaktor von Wettbewerb ist die Siegeslust, also den Wunsch besser zu sein als jemand anders. Aus psychologischer Sicht spricht man
bei Menschen, die ihren Selbstwert darüber definieren, dass sie sich besser fühlen, wenn es anderen schlechter geht, von pathologischen Narzissmus. Wenn es jedoch mein Ziel ist, gute Leistungen zu erbringen
ohne das mich die Leistungen des anderen kümmern, dann brauche ich den Wettbewerb nicht. Der Wettbewerb ist aber notwendig, damit die Menschen Leistungsanreise erhalten und somit motiviert sind.
Grundsätzlich kann man zwischen der intrinsische und der extrinsischen Motivation unterscheiden. Die intrinsische Motivation kommt von innen und wirkt stärker als die extrinsische Motivation (z.B. Wettbewerb).
Durch diese Art der Motivation entsteht die Leistung z.B. durch die persönliche Leidenschaft für eine Sache. Eine effiziente Marktwirtschaft sollte also auf einer intrinsischen Motivation aufbauen.
Durch das Verfolgen der eigenen Interessen als höchstens Ziel hat folgende Auswirkungen auf die Marktwirtschaft:

  • Auf Grund des Wachstumszwangs entstehen zunehmend Großkonzerne („Global Player“), die ihre Machtposition ausspielen und Konkurrenten aufkaufen.
  • Wenn im Markt nur wenige Konkurrenten vorhanden sind, werden strategische Kooperationen eingegangen, deren Ausprägung zum Teil in Form von Kartellen zu erkennen sind, da dies noch effizienter ist.
  • Durch verbesserte Standortbedingungen versuchen Staaten Unternehmen anzulocken, um die Bedingungen für Gewinnmaximierung zu verbessern. Dazu zählen z.B. Lohn-, Sozial-, Steuer- und Umweltdumping.
  • Die Preisgestaltung orientiert sich an der Angebot- und Nachfragemacht und spiegelt die Interessen des Mächtigen wieder.
  • Je globaler der freie Wettbewerb ist, desto größer ist das Machtgefälle zwischen den Marktbeteiligen und führt zu Ungleichheiten und einer Kluft zwischen Arm und Reich.
  • Das primäre Ziel des Kapitalismus ist nicht Befriedigung der Grundbedürfnisse, sondern die Vergrößerung des Kapitals. Es werden strategisch neue Bedürfnisse geweckt, hinter denen eine höhere Kaufkraft steht.
  • Der Umweltschutz wird vernachlässigt, da er nicht zu der Vermehrung des Kapitels beiträgt.
  • Die Anhäufung von materiellen Werten rückt in den Vordergrund und unterwirft andere Werte wie z.B. Beziehungs- und Umweltqualität. Der Konsumzwang wird zur Kaufsucht.
  • Die Wirtschaft wird geprägt von Egoismus, da sie diesen durch Konkurrenzverhalten (z.B. Karriere) belohnt. Dieser Egoismus färbt auf andere Bereiche wie Politik und Medien als auch auf unsere zwischenmenschlichen Beziehungen ab.
  • Die Demokratie wird schrittweise ausgeschaltet, da Wirtschaftakteure durch Lobbying, Medienbesitz oder Parteifinanzierung ihrer Interessen durchsetzen.

results matching ""

    No results matching ""