Teil I Projektarchitektur und Kommunikationsschnittstellen

1 Software- und Projektstruktur

1.1 Komplexität von Projektstrukturen

Bei der Softwareentwicklung können die Projekt und Kommunikationsstrukturen schnell komplex werden. Dabei können sich die Strukturen der Kommunikation und Software ähneln. Allerdings ist die Software oftmals besser strukturiert. Anders als bei Software verläuft die Kommunikation zwischen Menschen nicht verlustfrei. Wenn Menschen Kommunizieren geht immer ein Teil der Information verloren. Der Verlust wird noch höhere, wenn die Kommunikationspartner nicht in ihrer Muttersprache reden. Noch weiter verschlimmert wird das Problem durch Vorurteile und „Schubladen Denken“. Der Effekt verschärft sich besonders, wenn Teammitglieder mit und ohne technischen Hintergrund zusammenarbeiten. Aber die Zusammenarbeit mit diesen Teammitgliedern ist wichtig, weil auch sie und ihre Fähigkeiten für das Projekt wichtig sind. Es muss auch beachtet werdern, dass die nicht Entwickler, z.B. Manager, abhängig von den Entwicklern sind. „Sie sind also abhängig von Menschen die sie nicht verstehen.“

1.2 Bedeutung für IT-Projekte

Softwareprojekte sind primär Kommunikationsprojekte. Mit technische Probleme befassen sie sich nur sekundär. Die vier zentralen Prinzipien agiler Softwareentwicklung sind:

  • Mut: Darauf vertrauen Probleme von morgen auch morgen zu lösen. Probleme von heute, heute ansprechen
  • Kommunikation: Für ein persönliches Verhältnis sorgen und Kommunikationsprobleme sofort lösen
  • Feedback: Reviews, Akzeptanztests und die Entwicklung im Team zeigen an, ob man auf dem richtigen Weg ist.
  • Einfachheit: Die einfachste Lösung ist immer noch Komplex genug. Auch bei drei ähnlichen Problemen ist es sinnvoll drei verschiedene Lösungen zu entwickeln. Erst beim vierten Mal ist ein generischer Ansatz einfacher.

2 Projektpolitik? Projektumfeldanalyse!

Da bei Softwareprojekte viel Geld im Spiel ist, sind Machtspiele bestimmter Personen unvermeidlich. Auch als Softwareentwickler wird man in diese Spiele automatisch eingebunden. Die Komplexität übersteigt dabei häufig die von Schach, da es mehr Spieler und Interessen gibt. Um trotzdem einen Überblick zu behalten, kann die Projektumfeldanalyse angewendet werden. Mit ihr ist es möglich die Interessen und Bedürfnisse, aber auch die Motivation und Ziele aller Beteiligten zu erfassen. Auch können die Beziehungen der Beteiligten besser verstanden werden. Ziele der Analyse sind zum einen das frühestmögliches Erfassen von Einflussfaktoren, Problemfeldern, Potenzialen, sowie dessen Beurteilung bezüglich des Projekterfolges. Außerdem ist die Optimierung der Kommunikation anhand der Umfeld Beziehungen ein Ziel. Projektmanagement ist ein ganzheitlicher Prozess für den es kein „Kochbuch“ gibt. Die reine Budget- und Ressourcenbetrachtung birgt allerdings große Gefahren. Ein methodisches Grundgerüst können allerdings diese Schritte bilden: Identifikation des Projektumfelds (z.B. Personen mit Hierarchien), Gliederung nach organisatorisch-sozialen Umfeldgrößen und die Ableitung von Strategien und Maßnahmen.

2.1 Was sind Stakeholder?

Stakeholder sind Interessenhalter. Sie haben entweder direkten Einfluss auf das Projektergebnis oder sind von den Projektzielen abhängig. Stakeholder können zum Beispiel Anwender, Fachabteilungen, Kunden, Gesetzgeber oder Käufer sein.

2.2 Stakeholder Elicitation: Wer hat Interessen?

Bei der Stakeholder Elicitation wird versucht die Interessen der einzelnen Stakeholder ans Licht zu bringen. Hierbei wird zuerst eine möglichst vollständige Liste aller Stakeholder und ihrer Interessen erstellt. Anschließend können die Stakeholder gruppiert werden. Die Gruppierung erfolgt anhand von 3 Kriterien:

  • „Anforderungsverantwortliche“ (sind befugt Anforderungen festzulegen)
  • „Fachexperten“ (Experten eines Fachgebiets)
  • „Systembetroffene“ (spätere Anwender) Ein Stakeholder kann zu einer, mehrerer oder keiner dieser Kategorien gehören.

Eine zweite Gruppierung kann nach Umfeldgruppen vorgenommen werde. Hierbei sind vier Kategorien relevant:

  • „Promoter und Sponsoren“ (fördern den Innovationsprozess aktiv)
  • „Unterstützer und Verändere“ (geben inhaltlichen Rückhalt im Unternehmen)
  • „Unentschlossene und Meinungswechsler“ (kein direkter Macht Einfluss und wechseln mit äußeren Einflüssen ihre Meinung)
  • „Gegner und Veränderungsbarrieren“ (Personen mit offenem oder verstecktem Wiederstand).

Beide Gruppierungen sind voneinander unabhängig und haben jeweils eigene Vorteile. Um die Stakeholder Analyse zu visualisieren wird die Stakeholder Map genutzt. Hierbei werden die gebildeten Gruppen mit 3 verschiedenen Pfeilen (befreundet, verfeindet oder loyal) mit einander verknüpft.

3 Projektmarketing

Ein Grundproblem der IT ist die Wahrnehmung der IT durch nicht ITler. Sie sehen die IT nur als Mittel zum Zweck und als selbstverständlich an.

3.1 Wie funktioniert Marketing

Projektmarketing hilft beim Erreichen der Projektziele. Für ein erfolgreiches Projektmarketing müssen die Ziele klar definiert sein. Ein Ziel erfüllt folgende Kriterien:

  • Operativ einsetzbar
  • konkret ausdrückbar
  • realisierbar, erreichbar
  • nachvollziehbar
  • schriftlich fixiert Passend zu den Zielen kann eine Marketingstrategie entwickelt werden. Sie ordnet sich angemessen in das Marketing Dreieck ein (Kunde, Wettbewerb, Unternehmen). Das Marketing spricht die Gefühle der Zielgruppe an und wird deshalb ans „Emotionsmarketing betrieben.

    3.2 Projektbegleitendes Marketing

    Projekte dauern oft länger als ein paar Wochen, daher ist es wichtig schon während des Projekt über den Erfolg dessen zu reden. Das schafft Vertrauen bei den Stakeholdern. Die Grundformen lautet daher „Tue Gutes und rede darüber!“. Mit Hilfe dieser Formel wird Misserfolg nicht schöngeredet, aber gute Leistung wird besser wahrnehmbar.

    3.3 Begeisterungsqualität

    Das Kano-Modell (1984 vorgestellt) ist ein Qualitätsmodell aus Kundensicht. In diesem finden sich klassische Qualitätsaspekte (Zuverlässigkeit, Benutzbarkeit, Übertragbarkeit, Änderbarkeit, Effizienz, Funktionalität) wieder. Sie werden jedoch aus Kundensicht beurteilt. Es werden drei Arten von Anforderrungen unterschieden:
  • Basisanforderungen: Muss das Produkt haben um bestehen zu können
  • Eindimensionale Anforderungen: Sie sind direkt mit der Kundenzufriedenheit verbunden. Je besser diese Anforderungen erfüllt sind, desto zufriedener sind die Kunden
  • Attraktive Anforderungen: Sie haben den größten Einfluss auf die Kundenzufriedenheit. Das Fehlen dieser Anforderungen kann nicht zur Unzufriedenheit führen.

Ein Beispiel für Attraktive Anforderungen können kleine Anpassungen sein, die dem Kunden aber positiv Auffallen (anpassen der Tabulatorreihenfolgen an den neuen Arbeitsfluss, oder bearbeiten der voreingestellten Belegungen von Eingabemasken). Das Kano Modell hilft die Zusammenhänge zwischen Anforderungen und Kundenzufriedenheit besser zu erkennen. Wenn die Software also an einigen Stellen Begeisterung weckt, können andere Probleme leichter gelöst werden.

3.4 Events und Präsentationen

„Projektmarketing heißt aktive Selbstdarstellung“. Dazu ist es nötig regelmäßig den Stand der Entwicklung zu präsentieren. Auch das Feiern eines erreichen Meilensteins ist hierbei wichtig. Schon ein kurzes Event (15-30 Minuten) reicht aus, um einen positiven Eindruck zu hinterlassen. Bei der Präsentation der Ergebnisse ist es wichtig technische Details nicht zu erläutern, da „Nicht-Entwickler“ diese nicht nachvollziehen können. Es ist wichtiger, sichtbare Ergebnisse zu präsentieren und auf Nachfrage technische Details erläutern zu können. Bei der Entwicklung mit Scrum fällt dem am Ende einer Iteration durchgeführte Reviewmeeting eine wichtige Bedeutung zu. Es sind alle Stakeholder anwesend, deshalb können diese Vertrauen in das Projekt aufbauen und Feedback geben. Eine gute Vorbereitung und straffe Organisation durch den Scrum-Master ist wichtig.

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